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Top-Liste: positive Überraschungen auf der SPIEL 2023 in Essen

SPIEL Top5

Ich habe län­ger über­legt, ob ich die Tra­di­ti­on der posi­ti­ven Über­ra­schun­gen wei­ter­le­ben las­sen soll oder nicht. Nicht schon wie­der, dach­te ich mir dann. Denn schon für eine umfang­rei­che Vor­freu­de-Lis­te hat­te ich die­ses Jahr lei­der kei­ne Zeit (um die­se nicht ganz aus­ster­ben zu las­sen, haben wir zumin­dest eine klei­ne Top 3 in sehr abge­speck­ter Form in die letz­te Pod­cast-Fol­ge gepackt). Mit dem Argu­ment der wenig zur Ver­fü­gung ste­hen­den Zeit, hät­te ich mich hier nun auch wie­der her­aus­re­den kön­nen. Aller­dings hät­te das nur halb gestimmt. Viel eher habe ich die­ses Jahr das "Pro­blem", dass ich so wenig wie sel­ten zuvor gespielt habe. 

Denn auf­grund mei­ner neu­en Funk­ti­on hat­te ich sehr vie­le Ter­mi­ne bei Ver­la­gen aus­ge­macht, so dass das Spie­len ein wenig dar­un­ter gelit­ten hat. Nicht ganz ernst­ge­meint könn­te ich mich zudem auch hin­ter einem kon­stru­ier­ten Erwar­tungs­druck ver­ste­cken. Zwei der letz­ten fünf Spie­le wur­den zum Spiel des Jah­res nomi­niert (DORFROMANTIK als spä­te­rer Sie­ger und NEXT STATION LONDON), mit HITSTER hat es ein wei­te­res Spiel zusätz­lich noch auf die Emp­feh­lungs­lis­te geschafft. Eine sol­che Quo­te soll­te nun aber nicht erwar­tet werden...

SURFOSAURUS MAX von Ikhwan Kwon (erschienen bei Loosey Goosey Games)

Surfosaurus MAX - Box
Bild: Loo­sey Goo­sey Games

SURFOSAURUS MAX hat zwei Beson­der­hei­ten: der Name ist alles ande­re als ein­gän­gig und die Optik kann ich bes­ten­falls mit "inter­es­sant" beschrei­ben. Beim Namen kann ich mir noch mit der Abkür­zung SMAX aus­hel­fen, bei der gra­fi­schen Gestal­tung muss ich ein wenig lei­den. Dabei will ich aber gar nicht über Geschmack strei­ten, auch wenn der Illus­tra­ti­ons­stil von Mat­thi­as Mödl defi­ni­tiv gewohn­heits­be­dürf­tig ist. Aber die Farb­ge­bung man­cher Kar­ten ist teil­wei­se eine ech­te Hür­de, weil nicht auf dem ers­ten Blick klar wird, ob wir nun die­se oder jene Far­be auf dem Tisch aus­lie­gen haben.

Dabei ist die­se Infor­ma­ti­on wich­tig, bil­den wir doch eine gemein­sa­me Aus­la­ge. Bei die­ser wird nach erfolg­tem voll­stän­di­gen Aus­spie­len über­prüft, wel­che fünf Kar­ten dar­aus das höchs­te Poker-Ergeb­nis bil­den. Die­se Kar­ten gehen in den jeweils per­sön­li­chen Sieg­punkt­vor­rat; die ande­ren Kar­ten wer­den ergeb­nis­los für den Rest des Spiel abge­wor­fen. Das ist schon alles – aber trotz­dem mach­te SURFOSAURUS MAX in den ers­ten Par­tien eine Men­ge Spaß. Der Zugang ist ein­fach und die Emo­tio­nen schwap­pen über, wenn sicher geglaub­te Punk­te wie­der flö­ten gehen. Dau­ernd gibt es Table Talk und viel zu sel­ten pas­sen die weni­gen eige­nen Hand­kar­te zu den Inter­es­sen der anderen. 

Surfosaurus MAX - Spielszene
ein sur­fen­der Dino im Licht der unter­ge­hen­den Sonne

NEWSBOYS von Saashi (erschienen bei Saashi & Saashi)

Newsboys - Box
Bild: Saa­shi & Saashi

Bekannt­lich mag ich Roll-and-Wri­te bzw. Flip-and-Wri­te-Spie­le sehr ger­ne. Davon gab es auf der SPIEL auch wie­der jede Men­ge. Mein Mes­se-Vor­fa­vo­rit war dabei HOCHSAISON, wel­ches ein Able­ger des von mir durch­aus sehr geschätz­ten GRAND AUSTRIA HOTEL ist. Dahin­ge­gen gar nicht auf dem Schirm hat­te ich im Vor­feld NEWSBOYS - dabei hät­te mir durch­aus klar sein müs­sen, dass die­ses Spiel etwas für mich ist. Schließ­lich hat Autor Saa­shi das "Zettelspiel"-Genre mit REMEMBER OUR TRIP und GET ON BOARD abso­lut bereichert.

NEWSBOYS kommt mit dem mecha­ni­schen Kniff daher, dass es die bei­den Sub­gen­res Roll- und Flip-and-Wri­te mit­ein­an­der ver­bin­det. Denn uns allen ste­hen jeweils drei Sym­bo­le auf den Kar­ten zur Ver­fü­gung, zusätz­lich wür­feln wir aber noch unse­re eige­nen drei Wür­fel, um damit das per­sön­li­che Sym­bol-Ange­bot der aktu­el­len Run­de zu ver­voll­stän­di­gen. Der Rest ist gen­re­ty­pi­sches Abkreu­zen von Plan­fel­dern und Leis­ten – wenn es nicht noch eine the­ma­ti­sche Beson­der­heit gäbe: um unser Ein­kom­men zu stei­gern, müs­sen wir uns für das The­ma Min­dest­lohn enga­gie­ren. Immer mal wie­der ver­zich­ten wir auf Kreu­ze auf dem Spiel­plan und for­cie­ren unse­ren Ein­fluss auf der Strei­k­leis­te, die uns dann in den Ein­kom­men­pha­se den indi­vi­du­el­len Min­dest­lohn sichert. Trotz gewohn­ter Abkreuz­rou­ti­ne wer­den wir so zum Nach­den­ken über das The­ma angeregt. 

Newsboys - Spielszene
klas­sisch und doch anders

AUF DEN WEGEN VON DARWIN von Gregory Grard und Matthieu Verdier (erschienen bei Sorry We Are French)

Auf den Wegen von Darwin - Box
Bild: Asmo­dee

Auf­grund der vie­len Neu­erschei­nun­gen mit einem Natur­the­ma schaut auch immer mal wie­der Herr Dar­win um die Ecke. Im Gegen­satz zum Exper­ten­kra­cher DARWIN'S JOURNEY ist AUF DEN WEGEN VON DARWIN dahin­ge­gen ein leicht zugäng­li­ches Fami­li­en­spiel, wel­ches deut­lich schnel­ler gespielt ist aber eben­so gut zu unter­hal­ten weiß.

In AUF DEN WEGEN VON DARWIN fährt Dar­wins Bea­gle um eine Plätt­chen-Aus­wahl im 3*3‑Raster. Dort, wo sie anhält, kön­nen wir uns aus der zuge­hö­ri­gen Spal­te oder Zei­le ein Plätt­chen neh­men und der Abstand zur Bea­gle gibt nun an, wie weit die­se danach wei­ter fährt, um den nach­fol­gen­den Mit­spie­len­den ein Ange­bot zu machen. Die­ser Mecha­nis­mus erin­ner­te mich ein wenig an Spie­le von Gün­ter Burk­hardt (bspw. MAORI oder KUPFERKESSEL CO.). Im Spiel sam­meln wir dann ver­schie­de­ne, sehr schön illus­trier­te Tie­re ein, die uns spä­ter mit Sieg­punk­ten beloh­nen. In die­sem Spiel wird unser Hirn nicht über­for­dert, son­dern ange­nehm ange­regt – und es bleibt noch genü­gend Zeit zu einem gemüt­li­chen Plausch.

Auf den Wegen von Darwin - Spielszene
unprä­ten­ti­ös – aber sehr gefällig

QUICKSAND von Hjalmar Hach und Lorenzo Silva (erschienen bei Horrible Guild)

Quicksand - Box
Bild: Hor­ri­ble Guild

Im letz­ten Jahr war KITES ein gro­ßer Über­ra­schungs­er­folg. Kein Wun­der, dass die­ses nun als loka­li­sier­te Ver­si­on bei Huch! erschie­nen ist. Aber es gab auf der SPIEL noch wei­te­re Sand­uhr-Spie­le, wie z.B. den inof­fi­zi­el­len KITES-Nach­fol­ger SKYROCKETS aus dem glei­chen Ver­lag. Mir hat aller­dings QUICKSAND noch bes­ser gefal­len – was viel­leicht auch an der wie­der ein­mal sehr char­man­ten Regel­er­klä­rung durch den Autoren selbst lag. 

In QUICKSAND müs­sen wir unse­re Sand­uh­ren eine Weg­stre­cke ent­lang zie­hen und dabei ver­mei­den, dass der Sand nicht mehr frei nach unten rie­selt. Das gelingt uns durch das Aus­spie­len von pas­sen­den Farb- oder Sym­bol­kar­ten, die mit den Plätt­chen kor­re­spon­die­ren, auf denen die Sand­uh­ren ste­hen. Im Spiel sind fünf Sand­uh­ren ent­hal­ten, die teil­wei­se unter­schied­lich gefüllt sind, so dass sie sich schnel­ler oder lang­sa­mer lee­ren. Somit kön­nen ver­schie­de­ne Schwie­rig­keits­stu­fen gespielt wer­den – und bei man­chen Leveln dür­fen wir nicht gemein­sam reden, was ansons­ten erlaubt ist. 

Natür­lich ist auch QUICKSAND hek­tisch. Aller­dings gibt es durch­aus auch immer mal wie­der Ver­schnauf­pau­sen und das Ziel soll­te es sein, einen gemein­sa­men Rhyth­mus zu fin­den. Mir gefällt so etwas!

Quicksand - Ende
erst am Ende hat­te ich die Zeit für ein Foto

KELP von Carl Robinson (erscheint bei Wonderbow Games)

Kelp - Cover
Bild: Won­der­bow Games

Ist es nun Wer­bung, wenn man über ein Spiel berich­tet, was noch gar nicht erschie­nen ist? Die­se Fra­ge habe ich mir durch­aus gestellt, denn für KELP star­tet erst in den nächs­ten Wochen eine ent­spre­chen­de Crowd­fun­ding-Kam­pa­gne. Aller­dings war das Spiel­erleb­nis so beson­ders, dass ich nicht von mei­nen posi­ti­ven Über­ra­schun­gen der SPIEL 2023 berich­ten kann ohne von die­ser Erfah­rung zu erzäh­len. Zudem hat das Spiel auch kei­nen Pro­to­ty­pen-Sta­tus mehr. Alle Inhal­te sind fer­tig gesetzt und das Mate­ri­al wird nur noch gering­fü­gig ver­bes­sert (so wur­de nun z.B. fest­ge­stellt, dass die Beu­tel doch deut­lich zu klein aus­ge­führt waren).

KELP ist ein asym­me­tri­sches 2‑Per­so­nen-Spiel. Dabei geht die Asym­me­trie sogar so weit, dass für bei­de Per­so­nen unter­schied­li­che Mecha­ni­ken benutzt wer­den. Der Hai wird über Wür­fel gesteu­ert, die jeweils aus einem Beu­tel gezo­gen wer­den. Dabei hat der Hai das Ziel, den Kra­ken nicht nur zu fin­den, son­dern auch im Kampf zu besie­gen. Der Kra­ken ver­sucht dahin­ge­gen sich lan­ge genug ver­steckt zu hal­ten und dabei trotz­dem für Nah­rung zu sor­gen, wes­we­gen man sich immer mal wie­der offen zei­gen muss. Für die­se Aktio­nen benutzt der Kra­ken eige­ne Kar­ten mit einem Deckbuilding-Mechanismus.

Doch nicht nur die Mecha­ni­ken sind etwas beson­de­res, auch die Illus­tra­tio­nen von Weber­son Sant­ia­go sind ein Blick­fang. Ich habe nur den Kra­ken gespielt, hät­te aber sofort ger­ne noch ein­mal den Hai aus­pro­biert. Aller­dings woll­te ich den Platz nicht län­ger beset­zen, gab es doch eine Men­ge ande­rer Per­so­nen, die eben­falls das Spiel aus­pro­bie­ren woll­ten. Die­se hohe Nach­fra­ge konn­te ich gut nach­voll­zie­hen, hat mich der Erst­ein­druck doch ziem­lich begeistert.

Kelp - Spielszene
In die­sem Moment sucht das Hai auf der fal­schen Seite

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