Safehouse – Das Würfelspiel von Marco Teubner (nach einer Idee von Sebastian Fitzek und Jörn Stollmann) – erschienen im moses. Verlag
Alter Wein in neuen Schläuchen? Was die Buchindustrie kann, warum soll das die Spielebranche nicht dürfen? Ist SAFEHOUSE – DAS WÜRFELSPIEL somit die Taschenbuch-Ausgabe, nachdem SAFEHOUSE eine Art Hardcover-Ausgabe war? Denn warum sonst sollte der moses. Verlag das Würfelspiel nun mit "Nervenitzel für unterwegs" bewerben? Fragen über Fragen...
Thema... ändert sich nicht. Noch immer rennen wir unserem ominösen Verfolger davon. Scheinbar war das erste Safehouse nicht sicher genug.
Illustrationen... sind weiterhin von Jörn Stollmann ("Stolli"). Am grafischen Konzept wurde natürlich nichts geändert, so dass wir weiterhin Schwarztöne betrachten dürfen – allerdings unterbrochen von vielen bunten Tupfern.
Ausstattung... ist dahingegen deutlich anders und lässt den Taschenbuch-Vergleich zu. Anstatt des fulminanten 3D-Safehouses auf dem umblätterbaren Spielplan, kommt SAFEHOUSE – DAS WÜRFELSPIEL nun wesentlich kompakter daher. Trotzdem sind weiterhin einige kreative Ideen in die Gestaltung eingeflossen. Die Spielblöcke sind in einer Art Buch angeordnet, so dass die ursprüngliche Referenz weiter gepflegt wird. Statt mit irgendwelchen Aufstellern hantieren zu müssen, wird nun einfach das Wettrennen von uns und dem Verfolger mittels Kreuzen auf eine Leiste simuliert. Nettes Detail bei den Blöcken ist übrigens die an den Titel angepasste Beschriftung der vier unterschiedlichen Aufgabenblätter. Der Deckel der aufklappbaren Box dient wiederum als Würfelauffanglager. Zusätzlich wird noch einiges an kalter Luft mitgeliefert – wahrscheinlich ist das der Atem des Verfolgers.
Ach ja, Würfel sind natürlich auch in der Box. Diese sind von sehr guter Qualität und kommen in fünf Farben daher. Zusätzlich zeigen die Seiten die Werte von 1 bis 5 und anstatt der 6 ist nun der Verfolger zu sehen. Was dahingegen leider fehlt Stifte, ohne die aber SAFEHOUSE – DAS WÜRFELSPIEL nicht wirklich spielbar ist.
Ablauf... man startet mit einem kleinen Vorsprung auf der Laufstreckenleiste und versucht so schnell wie möglich das finale Safehouse zu erreichen. Dazu müssen Aufträge komplett erfüllt werden, die dann das eigene Schrittmaß des Wegrennens vorgeben. Der Verfolger dahingegen macht bei jedem Würfelversuch mindestens einen Schritt – und für jeden gewürfelten Verfolger auch noch einen zusätzlichen. Doch es kommt noch schlimmer: die genutzten Würfel stehen einem nicht sofort wieder zur Verfügung, sondern man muss diese wieder aus dem Vorrat "kaufen". Was allerdings in Form von Verfolger-Schritten bezahlt werden muss – in der "für jeden offenen Auftrag einen Schritt"-Währung. Kleiner Tipp: das kann teuer werden.
Zur Erfüllung der Aufträge müssen die bestehenden Wert- und Farb-Vorgaben erfüllt werden. Die weißen Würfel dienen dabei als Unterstützung und können beliebig mit Farbwürfel kombiniert werden, damit dann höhere Werte erreicht werden können. Allerdings ist zu beachten, dass alle Würfel auch für alle Mitspielenden gelten. SAFEHOUSE – DAS WÜRFELSPIEL ist somit wieder ein kooperatives Spiel und wir haben erst dann gemeinsam gewonnen, wenn alle erfolgreich dem Verfolger entkommen sind. Wobei man jetzt natürlich kritisch das Thema hinterfragen könnte – mache ich aber lieber gar nicht. Zusätzlich können einmalig bestimmte Hilfen in Anspruch nehmen, die aber mit Bedacht gewählt werden müssen. Ohne diese Hilfen wird es aber verdammt schwer dem Verfolger zu entfliehen. Allerdings ist es mit diesen Hilfen auch schon kein Spaziergang.
Wem das eben alles zu kompliziert war und ohnehin ungern Spielanleitungen liest, kann sich übrigens auch das gut gemachte Erklärvideo anschauen.
Das gefällt mir nicht so gut: Ich habe es eben schon angedeutet: SAFEHOUSE – DAS WÜRFELSPIEL ist schwer zu gewinnen. Im Solospiel geht es noch, je mehr Personen aber flüchten, desto haariger wird es. Denn schließlich würfeln alle mit den gleichen Würfeln und dann kommt es manchmal schon zu Interessenkonflikten. Ich brauche eine blaue 2, also lasst und nur einen blauen Würfel dazu nehmen. Stopp, ich benötige aber mindestens eine blaue 8, da benötige ich schon noch den zweiten blauen Würfel. Das kann zu interessanten Diskussionen führen. Mit den falschen Leuten kann hier aber auch böses Blut entstehen.
Zusätzlich machen die Würfel bekanntlich nicht das, was sie sollen. Insbesondere diese eine Verräter-Seite anstatt der 6 wirft oftmals die Planung um. Da benötigt man bspw. mindestens eine grüne 5 und wirft dementsprechend den grünen Würfel mit zwei weißen Würfeln. Das wird schon nicht schief gehen. Macht es aber, da auf dem grünen Würfel nun der Verräter erscheint und somit die Farbe gar nicht gewählt werden kann. Man muss schon solch frustige Momente ertragen können. Zusätzlich sollte man bei der Planung nicht vergessen, dass das statistische Mittel bei den Würfen nicht mehr die gewohnte 7 ist, da nun nur die Werte 1 bis 5 zur Verfügung stehen. Jahrelanges CAN'T STOP spielen ist somit eher von Nachteil, da man dadurch eine andere Erwartung an die Würfelergebnisse hat.
Mit der Zeit kristallisiert sich aber eine Strategie heraus, um nicht dauernd zu verlieren. Allerdings wird dann das Spiel nicht besser, weil man im Anschluss nur noch versucht, diese Strategie bestmöglich auszuführen – wofür man das entsprechende Würfelglück benötigt. Aufgrund der Eindimensionalität des Ablaufes sinkt aber der Spielreiz deutlich, wenn man die entsprechende Strategie herausgefunden hat. Der Weg dorthin ist mir allerdings insgesamt etwas zu freudlos gewesen, weil man zu selten Erfolgserlebnisse hatte. Meiner Meinung nach fehlen kleine Belohnungen, die mehr Abwechslung und vielleicht auch Möglichkeiten eröffnen. So wäre es motivierender, wenn man nach einer erfolgreichen Erfüllung der Aufgabe nicht nur die Schritte auf der Laufleiste geht, sondern auch zusätzliche Hilfen frei schaltet.
Insgesamt fühlte ich mich zu sehr den Würfelergebnissen ausgeliefert. Vielleicht passt das Prinzip der Würfelnutzung auch besser zu einem kompetitiven Spiel als zu einem kooperativen. Dort würde mit Schadenfreude reagiert werden, wenn die Würfel doof fallen. Hier ärgern sich nur alle gemeinsam.
Das gefällt mir gut: ...das ursprüngliche Spielgefühl von SAFEHOUSE kommt zum Teil noch zum Tragen. Aufgrund der fehlenden Sanduhren ist das Erlebnis zwar nicht ganz so dicht, aber das Spielen ist somit auch deutlich weniger stressig, was doch einige Mitspielende als sehr angenehm empfanden. Allerdings nicht falsch verstehen: ein echter thematischer Sog entwickelt sich nicht und man hat somit nicht das Gefühl, gehetzt zu werden. Aber der Spielablauf ist trotzdem spannend, denn natürlich man will nicht gegen das Spiel verlieren.
Ein wenig erinnert mich der Mechanismus von SAFEHOUSE – DAS WÜRFELSPIEL an QWINTO. Auch dort kann ich relativ frei entscheiden, welche Würfelfarben ich benutzen und welche Werte ich eintragen will. Das verstärkt das Gefühl, das man es doch eigentlich selbst in der Hand hat, ob man erfolgreich ist oder nicht – wenn die Würfel bloß nur nicht ihren eigenen Kopf hätten.
Die Ausstattung ist übrigens wieder auf dem gewohnt hohem Verlagsniveau. Die beiliegenden Würfel nimmt man gerne in die Hand und die durchdachte Box mit der Würfelablage tut ihr übriges. Das nächste Mal dürften aber gerne auch noch ein paar Bleistifte in der Box dabei sein. Platz genug wäre in der Box auf alle Fälle gewesen.
Fazit: Vor SAFEHOUSE – DAS WÜRFELSPIEL muss man sicher nicht fliehen, aber es hat mich jetzt auch nicht so sehr überzeugt, dass ich dem Spiel hinterher rennen würde.
Titel | Das Safehouse – Das Würfelspiel |
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Autor | Marco Teubner (nach Idee von Sebastian Fitzek und Jörn Stollmann) |
Illustrationen | Jörn Stollmann |
Dauer | 5 bis 30 Minuten |
Personenanzahl | 1 bis 4 Personen |
Zielgruppe | kooperative Krimifreunde (Familienspielrunden) |
Verlag | moses. Verlag |
Jahr | 2020 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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