Perfect Match von Alex Hague, Justin Vickers und Wolfgang Warsch – erschienen bei Schmidt Spiele
In meiner Speed-Dating-Kategorie habe ich das ein oder andere Mal darüber spekuliert, wie schwer das Daten wohl in Covid-19-Zeiten ist. Ich Glücklicher suche allerdings nicht ein PERFECT MATCH, da ich schon eine Partnerin auf Wellenlänge gefunden habe.
Thema... der Originaltitel von PERFECT MATCH lautet WAVELENGTH und beschreibt etwas besser, was von mir erwartet wird (allerdings kann ich Schmidt Spiele mit der Einschätzung verstehen, dass der geänderte Titel im deutschsprachigen Raum besser funktionieren sollte). Denn meine Aufgabe ist es, gemeinsam mit meinen Mitspielenden auf eine gemeinsame Wellenlänge zu kommen. Dabei ist nicht etwas wie bei THE MIND ein synchrones Zeitgefühl gemeint, sondern die Einschätzung von Begriffen auf einer gemeinsamen Skala. Wie umschreibe ich mit einem passenden Hinweis "unordentlich" in mittlerer Ausprägung? Handschuhfach wäre wohl nicht ganz passend, bei dem Chaos was dort gewöhnlicherweise herrscht. Auch Ramschtisch passt nicht. Aber vielleicht der Vorratsraum?
Grafik-Design... ist von Nan Na Hvass und Sofie Hannibalund und ist ein echter Hingucker. Je nach eigenem Geschmack wird das Design in einer Bandbreite von potthässlich bis atemberaubend schön eingeordnet. Ich finde es vor allem mutig! Es gibt so viel Einheitsbrei, da darf es gerne einmal etwas psychedelisch sein. Aber mit gefällt ja auch das Design von PUSH.
Ausstattung… PERFECT MATCH kommt neben dem Cover noch mit einem weiteren Blickfang daher: statt den Einschätzbereich schlicht mit einer Zahlenskala anzuzeigen, wird einem nun ein überdimensionales Drehrad mit einer Art Tachonadel angeboten. Dazu kommt noch der Clou, dass das Drehrad mit einer beweglichen Abdeckung versehen ist, so dass man super effektvoll die Auflösung präsentieren kann.
Das eigentliche Herzstück sind aber die Begriffskarten. Diese kommen immer als Gegensatz daher, so dass deutlich wird, wie die jeweiligen Extreme lauten. Zur Verwaltung der Punktestände gibt es dann noch ein Gesichtspaar sowie einen Trendmarker, mit dem auch das gegnerische Team eingebunden wird. Das ganze Material aber auch die Siegpunktanzeige wird perfekt durch das praktische Insert organisiert.
Ablauf… anfangs werden zwei Teams gebildet und in jeder Runde davon eine Person als Tippgeber ausgewählt. Diese Person zieht eine Karte und sucht sich eine Seite davon aus. Nun wird die Abdeckung geschlossen, ein paar mal wild das Drehrad gedreht und dann geheim vor den anderen die Abdeckung geöffnet. Nun erkennt man die gesuchte Bandbreite und gibt einen Hinweis an das Team. Dieser Hinweis kann ein einzelnes Wort sein, aber auch kurze Sätze sind erlaubt. Das Team berät sich anschließend und einigt sich dann, wie der Zeiger einzustellen ist. Danach kann das gegnerische Team noch den Trendmarker auf eine der beiden Seiten anbringen.
Dann erfolgt der Höhepunkt der Runde: die Abdeckung wird geöffnet. Befindet sich der Zeiger nun im sichtbaren Punktebereich, dann erhält das Team die entsprechenden Punkte. Das gegnerische Team erhält ebenfalls einen Punkt, wenn der das blaue Segment eher rechts oder links vom Zeiger liegt und mit der entsprechenden Position des Trendmarkers übereinstimmt. Sobald ein Team 10 oder mehr Punkte erreicht hat, gewinnt dieses Team. Auf dem Weg dorthin gibt es auch noch eine Aufhol-Regel, so dass es bei PERFECT MATCH eigentlich immer eng zu geht.
Zusätzlich besteht noch ein kooperativer Modus, so dass man PERFECT MATCH sogar überraschend gut auch zu zweit spielen kann.
Das gefällt mir nicht so gut: Wie so oft lebt ein solches Kommunikationsspiel von der Gruppe. Aber im Gegensatz bspw. zu JUST ONE erlebte ich bei PERFECT MATCH öfter regelrechte Flop-Runden. Denn die Begriffe sind doch oft Auslegungssache und teilweise sehr von der persönlichen Prägung abhängig. Das funktioniert super in vertrauten Runden, in denen man sich gut kennt. Aber in frisch zusammengewürfelten Gruppen hängt das Spiel öfters, weil selten Erfolgserlebnisse auftreten.
Leider lernt man beim Spielen dann auch nur wenig über die einzelnen Leute kennen. So fand ich früher PERSONALITY auch in fremden Gruppen immer sehr reizvoll, weil man etwas über sich selbst preisgeben musste. Aber ist es ein echter Erkenntnisgewinn, ob Petra nun getragene Socken als kaum, mittel oder absolut stinkig ansieht? Nicht wirklich. Zumal bei manchen Gruppen die Diskussion danach ausartet, ob die Socken denn nun einen Tag, eine Woche oder einen Monat getragen wurden. Diese Uneindeutigkeit macht manchen Personen tatsächlich Probleme. Bei "verkopften" Runden kann es auch zu lange dauern, bis sich die Tippgeber endlich zu einem Hinweis durchringen (ich nenne es mal das CODENAMES-Problem mit der Downtime). Da man ohne Hinweis aber nichts machen kann, wartet man und wartet.
In vertrauten Gruppen wiederum ist das Spielziel von 10 Siegpunkten viel zu niedrig angesetzt. Schließlich will man auch etwas von dem Spiel haben. Aber dann verdoppelt man eben diesen Schwellenwert und muss die Anzeige doppelt nutzen. Hier wäre vielleicht noch ein zweiter Marker wünschenswert gewesen, der als Zehnerstelle fungiert.
Noch ein Tipp: beim Aufdrehen der Abdeckung muss man aufpassen, dass man dabei nicht aus Versehen noch das Drehrad verstellt. Das ist aber auch das einzige Manko der insgesamt überragenden Ausstattung. Bei dieser winkt einem übrigens das witzige Detail entgegen, dass auf dem Drehrad deutlich der Name des eigentlichen Titels eingeprägt ist. Das ist produktionsbedingt natürlich nachvollziehbar, erzeugt aber bei manchen auch irritierte Blicke.
Das gefällt mir gut: Mit der richtigen Gruppe wird PERFECT MATCH zum Fest – auch, weil das Material so herausragend ist. Natürlich hätte man das Ganze auch wesentlich puristischer umsetzen können. Aber vor allem die opulente Ausstattung trägt doch einiges zum Spielreiz bei. So ist PERFECT MATCH ein Erlebnis und insbesondere das Aufdrehen der Abdeckung kann wahrhaft zelebriert werden. Aber auch das Einstellen des Zeigers ist eine Gaudi, wenn dieser im Brustton der Überzeugung lediglich millimeterweise in die ein oder andere Richtung verschoben wird.
Das Salz in der Suppe sind die einzelnen Begriff-Paare, die meiner Meinung nach sehr gut ausgewählt sind. Da gibt es alltäglische, nerdige und völlig abseitige Paare. Aber immer wieder freut man sich darauf, eine neue Karte zu ziehen und sich von den Begriffen überraschen zu lassen.
Als ein wichtiges Element empfinde ich übrigens den Trendmarker. Mit diesem wird immer auch das gegnerische Team ins Spielgeschehen eingebunden. Auch wenn man eigentlich nicht aktiv ist, macht man sich ebenfalls immer eigene Gedanken zum Hinweis und diskutiert innerlich mit.
Wie schon geschrieben, überzeugt mich auch die kooperative Variante. Insbesondere als 2‑Personen-Spiel mit dem Partner kann PERFECT MATCH überzeugen – auch wenn man danach vielleicht über die eigene Einschätzung der Kochkünste diskutieren muss. Aber genau solche Diskussionen im vertrauten Kreis machen durchaus den Reiz von PERFECT MATCH aus. Natürlich darf man dabei nicht alles zu ernst nehmen. Aber im besten Fall hallt das Spiel noch nach und war dann ein Auftakt für einen spannenden gemeinsamen Abend.
Fazit: An anderer Stelle habe ich schon einmal im Zusammenhang mit PERFECT MATCH den Begriff "Material-Porn" gehört. Allerdings besticht das Spiel nicht nur durch die auffällige Ausstattung, sondern kann auch innere Werte aufweisen – sofern sich eine Gruppe findet, die diese zu schätzen weiß.
Titel | Perfect Match |
Autoren | Alex Hague, Justin Vickers und Wolfgang Warsch |
Grafik-Design | Nan Na Hvass und Sofie Hannibal |
Dauer | 30 Minuten |
Spieleranzahl | 2 bis 12 |
Zielgruppe | aufgeschlossene Familienspieler |
Verlag | Schmidt-Spiele |
Jahr | 2020 |
Ich bedanke mich bei Schmidt Spiele für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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